Fast jeder war schon einmal mit einer Skalierungsfrage konfrontiert, denn sie sind häufig verbreitet. In Umfragebögen sieht man unterschiedlichste Skalen, wo subjektive Einschätzungen im Sinne von “Trifft gar nicht zu” bis zu “Trifft voll zu” mit allerhand Graustufen dazwischen, gesammelt werden. Skalierungsfragen mit Skalen sind sehr vielfältig einsetzbar und haben einige hervorragende Eigenschaften. Skalen helfen den Befragten dabei, komplizierte oder gar komplexe Sachverhalte zu reflektieren und auf einen Wert zu reduzieren, der dann auch dargestellt werden kann. Um einen Wert zu finden wird vom Befragten implizit eine Abschätzung gemacht. Er bewertet zum Teil unterbewusst wo noch Potential wäre, bzw. wo sich Ziel und Idealzustand befinden, und führt bereits Erreichtes vor Augen. Der Kunde kann dann bewusst das Ziel konkretisieren und die bereits geleisteten Beiträge benennen. Zudem ist es möglich die Skala als Radiator für ein langfristiges Ziel zu nutzen.

Hier sind noch ein paar weitere Beispiele, wo wir im Alltag mit Skalierungsfragen konfrontiert sind:

In einem Training: Auf einer Skala von 0 bis 10, wobei 0 “nicht vorhanden” und 10 “im besonderen Maße vorhanden” bedeutet, wo würdest du heute morgen dein Energielevel einschätzen?

Bei einer Scrum Retrospektive auf einem Radar

Skalierungsfragen eignen sich sowohl bei Einzelpersonen, als auch bei Teams und können einfach auf einer Tafel, auf einem FlipChart Papier, in der Tür oder mit Hilfe von Klebeband auf dem Boden umgesetzt werden. Des Weiteren können diese Skalen auch in mehreren Dimensionen implementiert werden.

Stellt man Workshopteilnehmer entlang einer Skala am Boden auf, bringt man auch ein bisschen Bewegung in den Raum und die Teilnehmer können sich verorten. Als Icebreaker können ebenfalls Skalierungsfragen zum Workshopthema genutzt werden, denn der Austausch der Teilnehmer innerhalb der Gruppe bewirkt, dass sich der eigene Standpunkt relativ zu einem anderen verschieben kann.

Tipps

  • Wähle eine Skala, die nicht auf einem Schulnotensystem basiert. In Österreich könnte eine Skala von 1 bis 5 (in Deutschland 1 bis 6) negativ assoziert werden, da diese nicht als gerecht wahrgenommen worden ist. Hier sind ein paar Ideen für Skalen mit unterschiedlichen Granularitäten:
    • 0 – 1 – 2 – 3 – 4 – 5 – 6 – 7 – 8 – 9 – 10
    • 0% – 100%
    • — , – , 0 , +, ++
    • 👎  bis 👍 (Abstufung ergeben sich durch die Bewegung des Daumens in die Horizontale)
    • ✊ – 🖐 (Fist of Five – 0 Finger bis 5 Finger)
    • ☹️ 😕 😐 🙂 😀
    • ⛈ 🌩 🌧 ☁️ ⛅️ 🌤 ☀️
  • Indem man bei einer Skala nur den Anfangswert und den Endwert einträgt und auf weitere Unterteilungen der Skala verzichtet, kann die Skala beliebig granular sein. Unbedingt sollte man auf eine einzige Teilung der Skala in der Mitte verzichten, da dadurch der Befragende impliziert, dass er sich in der “besseren” Hälfte positionieren muss.
  • Sofern es sich um keine Aufstellungsübung handelt, verwende möglichst Papier (Flipchart, Whiteboard etc) und Stift,  um die Skalen und Punkte zu visualisieren.
  • Wird die Skala für ein langfristiges Ziel genutzt, lohnt es sich diese im Arbeitsraum aufzuhängen und die mit der Zeit unterschiedlichen Skalenwerte mit Klebepunkten/Pinnnadeln/Magneten zu fixieren. Im Prinzip verfährt man genau so, wenn man die Größe der Kinder im Türrahmen festhalten will, nur dass Kinder i.d.R. nicht mehr schrumpfen.
  • Eine Skala ist nur dann sinnvoll, wenn man entweder seine Werte in Relation zu anderen legen kann oder wenn man die Skala als Histogramm benutzt. Die Frage nach einem einzelnen Skalenwert, ohne eine Relation zu haben oder mit diesem weiter arbeiten zu wollen, ist mäßig sinnvoll, sofern die Zwischenwerte nicht eindeutig definiert worden sind.

Vier Schritte für die Arbeit mit Skalierungsfragen

  1. Skala aufziehen

  2. Aktuelle Position bestimmen

    Frag den Kunden, wo er sich aktuell auf dieser Skala positionieren würde.

    Wo würdest du auf dieser Skala von null (0) bis zehn (10) stehen, wobei null bedeutet, dass du in Bezug auf deine Zielerreichung noch nicht angefangen hast und zehn bedeutet, dass du bereits in deinem Idealzustand angekommen bist?

    In diesem Schritt lässt sich der Fokus gut auf das bereits Erreichte lenken. Damit kann der Befragte Vertrauen und positive Energie in sich selbst aufbauen.

    Was hast du bisher erreicht, dass du nicht mehr bei null (0) stehst? Welche Initiativen haben dich auf den aktuellen Standort gebracht?

  3. Ziel bestimmen


    Das persönliche Ziel des Kunden muss nicht zwangsläufig die Erreichung des Idealzustands bedeuten, welches sich eventuell hinter der 10 verbergen könnte. Der Kunde reflektiert, verdeutlicht und konkretisiert sein Ziel auf Machbarkeit und Kosten-Nutzen. Ist die Erreichung von 10 mit zuviel Aufwand verbunden, kann es sein, dass der Kunde sich das persönliche Ziel niedriger einsetzt.

    Was hat sich verändert, wenn du dein Ziel erreicht hast?

  4. nächstes Zwischenziel bestimmen


    Für den Kunden ist es einfacher sich zu motivieren und den Ehrgeiz zu wecken, wenn der nächste Schritt sich als nicht zu schwierig erweist. Anstatt den Kunden nach den vielen Schritten zu befragen, die allesamt noch zur Zielerreichung notwendig wären, fokussieren wir uns auf den unmittelbar nächsten Schritt und setzen diesen als Zwischenziel fest. Damit können wir sein Vertrauen in sich selbst stärken und im weiteren Verlauf auch die positive Energie nutzen, wenn er seine Zwischenziele erreicht.

    Welche Handlungen müßtest du einleiten, damit du dich einen Punkt weiter höher auf der Skala stellen könntest?

Weiterführende Literatur

Ich kann zu diesen Themen folgende Literatur empfehlen

Agile Teams lösungsfokussiert coachen

Coaching – erfrischend einfach