Dass Leadership nicht gleich Management ist, das sollte jedem inzwischen klar sein. John P. Kotter, Autor von Leading Change, hat es meiner Meinung nach in dem Artikel Management is (still) not Leadership gut beschrieben und liefert gleich eine kurze Erklärung mit, was denn Leadership aus seiner Sicht bedeutet. Doch auch mit der Definition bleiben Fragen offen. Was sind nun die Aspekte guter Führung? Wie muss eine gute Führungskraft aussehen? Was steckt hinter dem Wort Leadership?

Dieser Artikel soll das Konzept des Servant Leadership dem des Host Leadership Konzept von Mark McKergow und Helen Bailey gegenüber stellen. 

Servant Leadership

Im Scrum Guide kann man im Abschnitt des Scrum Masters lesen, dass dieser ein Servant Leader für das Scrum Team sein soll. Seitdem erfreut sich der Begriff des Servant Leaders immer größerer Beliebtheit und wird oft als Metapher für gute Führung hergenommen. Was nun unter dem Begriff Servant Leadership im Detail verstanden wird oder welche Charakteristika einen Servant Leader definieren, bleibt schlussendlich der Interpretation des Lesers/Akteurs überlassen.

Larry Spears hat in dem Artikel Practicing Servant Leadership 10 Charaktereigenschaften für einen Servant Leader herausgearbeitet:

  1. Listening
  2. Empathy
  3. Healing
  4. Awareness
  5. Persuasion
  6. Conceptualization
  7. Foresight
  8. Stewardship
  9. Commitment to the growth of people
  10. Building community

Insgesamt verdient die Idee des Servant Leaders bereits große Anerkennung, da sich dadurch Denkanstöße in Richtung Führung ergeben haben, die für ein nachhaltigeres und bewussteres Miteinander im Beruf verantwortlich sind.

Der Begriff Servant Leader basiert auf der Arbeit von Robert Greenleaf. Er hat in den 1970er Jahren mit dem Begriff Servant Leader beschrieben, wie ein guter Leader zu handeln hat. Inspiration seiner Arbeit ist die Erzählung “Die Morgenlandfahrt” von Hermann Hesse. Darin wird beschrieben wie ein Bund Reisender auseinander bricht, nachdem der gefällige und bescheidene Diener Leo aus dem Bund verschwindet. Und genau hier ist der Knackpunkt, an dem McKergow erläutert, wo Servant Leadership seine Grenzen findet.

Host Leadership

McKergow und Bailey stellen in ihrem Buch Host ein alternatives Konzept zu Leadership vor. Mit dem Untertitel des Buches “Six new Roles for Engagement” führen die Autoren sechs Rollen für die Metapher des Gastgebers ein:

  1. Initiator – initiiert umfangreiche Maßnahmen oder Ideen
  2. Inviter – lädt Personen ein, die für die Umsetzung notwendig sind
  3. Space Creator – schafft den emotionalen und physischen Rahmen
  4. Gatekeeper – der Türsteher schützt den emotionalen und physischen Raum und lässt bei Bedarf weitere Personen rein, bzw. entlässt sie
  5. Connector – verbindet Personen, insbesondere wenn sie sich noch nicht kennen, um relevante Gespräche zu fördern
  6. Co-Participator – ist mittendrin, statt nur dabei und wirkt als Teammitglied maßgeblich mit

Jede dieser Rollen kann eine von vier Positionen einnehmen:

  1. On the stage – auf der Bühne erhält der Gastgeber die Aufmerksamkeit aller Anwesenden
  2. Among the people – zwischen den Gästen ist der Gastgeber nur einer von vielen
  3. On the balcony – aus der “Vogelperspektive lässt sich die Veranstaltung gut beobachten und falls erforderlich, nächste Schritte einzuleiten.
  4. In the kitchen – in der Küche wird die Arbeit vorbereitet und reflektiert

Aus der Kombination von Rollen und Positionen erhält man eine Matrix mit verschiedenen Kombinationen, die einen Leader in der Arbeit inspirieren kann.

Fazit

Das Konzept des Host Leaders ist für mich durchaus schlüssig und für die meisten einfacher nachzuvollziehen, denn viele mit denen ich gesprochen habe, haben sich schon öfter in der Rolle des Gastgebers als in der Rolle des Dieners gesehen. Aus meiner Sicht hat die Metapher des Dieners einige entscheidene Einschränkungen, denn der Diener ist in der Regel in seiner Autorität und seiner Autonomie eingeschränkt und er dient, weil er sich damit seinen Lebensunterhalt verdient. Gastgeber ist man in den meisten Fällen freiwillig und als Gastgeber definiert man in seinem Gastraum die Hausregeln (z.B. im Haus Schuhe ausziehen). Der Host Leader schließt nicht den Servant Leader aus, für mich geht der Servant Leader mit seinen Charaktereigenschaften in dem Host Leader auf. Zusätzlich bieten die Autoren vom Host Leader durch die Kombinationsvielfalt der Rollen und Positionen mehr Möglichkeiten der Reflexion. Der Host Leader ist eine Metapher und stellt keine Anleitung dar, wann welche Rolle mit welcher Position eingenommen werden muss. Vielmehr muss die Metapher situativ und kontextbezogen erörtert und angepasst werden. Damit ist für mich der Host Leader eine deutlich ausgereiftere Beschreibung des Agile Leaders als der Servant Leader bisher dargestellt hat.

Next Steps

Ich werde versuchen, die 24 Rollen-Positionen-Kompositionen mit Tools zu verbinden, um einerseits das Verständnis jeder einzelnen Komposition zu vermitteln, als auch ein Mittel zur Anwendung in der Hand zu haben. Diese gehören noch ausgearbeitet und wird in der kommenden Zeit vorgestellt werden.